Bitcoin aus Mansfeld
Foto: Höhne / DPA
In der Kleinstadt am Harzrand steht in einer Spielhalle einer der wenigen Automaten für Kryptowährungen in Deutschland. Die digitale Währung dient als Spekulationsobjekt, aber auch zur Geldwäsche. Wer dahinter steckt. Der Bitcoin-Automat (links) steht in der Spielhalle Mansfeld. Als Symbol für das Digitalgeld steht die Bitcoin-Münze.
Foto: Höhne / DPA Ein freundlicher junger Mitarbeiter der Spielhalle kommt gleich zur Hilfe. „Haben Sie Erfahrungen? Benötigen Sie Unterstützung?“ Er selbst besitze seit einiger Zeit auch Bitcoins und nutze den Automat regelmäßig. Als er erfährt, dass ihm ein Journalist gegenübersteht, bricht sein Redefluss abrupt ab. Er dürfe nichts sagen. „Wenden Sie sich bitte an den Chef.“ Die plötzliche Verschwiegenheit hat einen Grund.
Bitcoins: Gut zwei Jahre ist es her, als die digitale Währung für mehrere Wochen Deutschland elektrisierte. Ende 2017 schoss der Kurs in die Höhe, Mitte Dezember war ein Bitcoin kurzzeitig 20.000 US-Dollar wert. Nicht nur in Deutschland brach Goldgräberstimmung aus. Die weltweit führende Kryptowährung, die 2007 entstand, wurde zum Spekulationsobjekt. SelbstMenschen, die noch nie zuvor davon gehört hatten, investierten. „Schätzungen gehen davon aus, dass in Deutschland etwa 800.000 Menschen schon einmal mit Bitcoins gehandelt haben“, sagt Philipp Sandner, der das Frankfurt School Blockchain Center leitet.Das geschieht in der Regel überHandelsbörsen.Da die Konten, anders als Bank-Konten, anonym geführt werden, ist die Kryptowährung umstritten. Sie erleichtert beispielsweise Kriminellen die Geldwäsche.
„Bitcoin ist ein Wertaufbewahrungsmittel wie Gold.“ (Philipp Sandner, Finanzexperte)
Bitcoin-Automaten sind in Deutschland dagegen eine Seltenheit, da die Aufstellung rechtlich problematisch ist. Nach MZ-Recherchen gibt es in Sachsen- Anhalt nur zwei weitere – in Wolfen (Landkreis Anhalt-Bitterfeld) und Magdeburg.
50.000 Euro im Gerät
Zurück nach Mansfeld: Betreiber der Spielhalle ist Karsten Lenk aus Gera. Erreichbar ist er nur telefonisch und zum Bitcoin-Automaten will er nicht viel sagen: „Ich vermiete nur die Stellfläche.“ Seit Oktober 2019 sei das Gerät installiert. Warum steht der Automat in der 10.000-Einwohner- Stadt-Mansfeld? „Warum nicht?“, fragt Lenk zurück.
Auf dem Display des Automaten sind neben dem aktuellen Wechselkurs auch das verfügbare Bargeld im Gerät verzeichnet – man kann sowohl Bitcoin kaufen, als sich auch Euro auszahlen lassen. „Im Automaten befinden sich zur Zeit 50.810,00 EUR die zur Auszahlung bereit stehen“, steht dort. Ist das ein Sicherheits-risiko für die Spielhalle? „Warum stellen Sie mir solche Fragen“, antwortet Lenk zunehmend ungehalten. „Glauben Sie wirklich, dass dort 50.000 Euro drin sind?“ Lenk glaubt das nicht.
Aufklären könnte das nur der Eigentümer. Doch unter der am Automaten angegebenen Nummer ist niemand erreichbar. Im Internet lässt sich mit wenigen Klicks herausfinden, dass dahinter Shitcoins.club steht. Betrieben wird das Geschäft von der Berliner Firma KKT mit dem Geschäftsführer Adam Gramowski aus dem polnischen Torun. Auch Gramowski ist nicht erreichbar. Zuletzt sagte er jedoch in einem Medienbericht: „Wer Kleingeld übrig hat und es in Kryptowährungen investieren möchte, für den ist das der einfachste Weg.“
Betreiber kommt aus Polen
Ob Gramowskis Firma von der Bundesanstalt für Finanzaufsicht – kurz Bafin – die Erlaubnis hat, den Automaten aufzustellen, ist unklar. Laut Bafin-Datenbank haben weder die KKT noch Gramowskis polnische Firma Tygrysia Maska eine solche Genehmigung erworben. Eine Bafin-Sprecherin teilte der MZ schriftlich mit: „An Bitcoin-Automaten können Euro in Bitcoin anonym getauscht und wieder zurückgetauscht werden.“ Das Bitcoin- Guthaben lasse sich mithilfe sogenannter Wallets unerkannt verwalten. Nach dem Geldwäschegesetz hingegen gebe es für Handelspartner – beispielsweise Banken – bestimmte Sorgfaltspflichten. Diese müssten ihre Vertragspartner identifizieren. Gramowskis Bitcoin-Wechsler befinden sich offenbar in einer juristischen Grauzone. Deutschlandweit hat er bereits 25 Automaten aufgestellt. Wäre das illegal, wäre die Bafin dagegen sicher schon vorgegangen – oder nicht? Bitcoin-Verfechter Jörg Hermsdorf sieht in den Automaten die Zukunft. Hermsdorf gibt Kurse zu der Kryptowährung und meint: „Das Bitcoin-System hat keine Schwachpunkte, kann nicht fehlgesteuert werden oder zusammenbrechen.“ Bitcoins würden dezentral erzeugt und seien nicht durch eine Zentralbank manipulierbar.
Finanzwissenschaftler Sandner ist von der Blockchain-Technologie, die hinter Bitcoins steht, auch begeistert, sieht die digitale Währung aber skeptischer: „Im Grunde ist Bitcoin ein Wertaufbewahrungsmittel wie Gold.“ Es werde in „digitalen Minen“ erzeugt, sei nur begrenzt verfügbar und unterliege großen Kursschwankungen. „ImZahlungsverkehr spielt es aktuell keine Rolle.“
Das stimmt nur bei legalen Geschäften: Computer-Hacker verlangen etwa bei Cyber-Erpressungen Bitcoin. Illegale Käufe im Internet werden häufig über Bitcoin abgewickelt. Imabgelegenen Mansfeld gibt es nun auch eine anonyme Möglichkeit, das digitale Geld direkt in Euro-Scheine zu tauschen. Den Automaten zur Geldwäsche zu benutzen, ist also denkbar. Spielhallen-Betreiber Lenk sagt dagegen: „Glauben Sie, Kriminelle benötigen diesen Automaten für ihre Geschäfte?“.
Bitcoin-Fachmann Gilbert Fridgen von der Universität Luxemburg rät bei den Automaten zur Vorsicht: „Die Nutzer geben dort mitunter ihren privaten Sicherheitsschlüssel ein, können aber nicht nachvollziehen, ob der möglicherweise gespeichert wird.“ Gilbert rät allen Bitcoin- Besitzern, staatlich geprüfte Handelsplattformen zu nutzen.
Ein florierendes Geschäft ist der Automat in Mansfeld wohl nicht. „Ein bis zwei Leute kommen da vielleicht täglich“, sagt ein Glücksspieler, der vor der Spielhalle steht. „Das kennt hier doch keiner.“ Dass Bitcoin in Mansfeld populär werden könnten, glaubt er nicht und fügt schmunzelnd hinzu: „Ich hätte lieber die digitale D‑Mark.“
Foto: Höhne / DPA So funktionieren Kryptowährungen
Mit Bitcoins zu handeln, ist relativ einfach: Der Nutzer benötigt nur eine digitale Geldbörse, ein Wallet, das er über verschiedene Handelsbörsen einrichten kann. Er erhält einen öffentlichen Schlüssel (vergleichbar einer E‑Mail-Adresse), damit Geschäftspartner ihm Geld senden können und umgekehrt. Alle Transaktionen werden in einem öffentlichen Buchungssystem festgehalten, das auf tausende Rechner verteilt ist. Nachträgliche Manipulationen sind so schwer möglich. Alle Transaktionen enthalten zudem einen privaten Datenblock, den privaten Schlüssel. Dieser sorgt dafür, dass die Transaktionen genau zuzuordnen sind. Wie in einem Kassenbuch wird jede Buchung in einem Block festgehalten. Die Menschen, die auf ihren Rechnern das System am Laufen halten, bekommen dafür neue Bitcoins als Bezahlung.
In Deutschland gibt es laut Finanzexperte Philipp Sandner mehrere große Handelsplattformen, auf denen legal gehandelt werden kann: bitcoin.de, Etoro oder Bison, die Plattform der Börse Stuttgart.
Weitere Kryptowährungen sind neben Bitcoin: Ethereum, Ripple, Dash oder Litecoin. Für große Aufmerksamkeit sorgte zuletzt die Ankündigung des Internet- Konzerns Facebook,mit Libra eine eigene Digitalwährung zu starten. Es handelt sich dabei aber nicht um eine Kryptowährung. Viele Notenbanken sehen das Vorhaben kritisch und lehnen es ab.
Jörg HermsdorfCloud- und Blockchain Experte, System Architect, Research & Co-Founder
Jörg hat Informatik und Kognitionswissenschaften an der TU Dresden studiert, mit Schwerpunkt auf Architekturen verteilter Systeme und IT-Sicherheit. Er war Unternehmensberater und Gründer eines App Start-ups. Als Mitgründer ist er der führende Ansprechpartner zu Themen rund um Blockchain-Technologie und Krypto-Währungen. Jörg untersucht seit 2010 die Bitcoin-Technologie auf Schwachstellen und Einsatzmöglichkeiten, sein fundiertes Fachwissen basiert auf jahrelanger Recherche und Interaktion mit der Bitcoin- und Blockchain Community.
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