Bitcoin ist ein Wunderland
Foto: © Hermsdorf
Einer der bekanntesten deutschen Blockchain-Experten erklärt die Zukunft des neuen Goldstandards aus dem Internet. Doch so schnell wird er den Euro nicht ablösen. Der gebürtige Dresdner Jörg Hermsdorf reist ständig durch Deutschland und die Welt, um den Menschen die Blockchain und das digitale Geld näherzubringen. Er ist Co-Founder der Kölner Firma BlockChain Service GmbH.
Von Bitcoin habe ich dann allerdings erst im Jahr 2011 gehört, also drei Jahre nach dessen Erfindung durch Satoshi Nakamoto und der Veröffentlichung seines White Papers – was als Gründungsdokument der digitalen, dezentralen Währungen gilt.
Na ja, nettes Spielgeld, habe ich damals gedacht. Zwei Jahre später hatte ich dann aber einen Aha-Moment: Aus Bitcoin könnte doch etwas werden, eine richtige Währung mit einem echten Wirtschaftskreislauf. Dennoch musste ich mich noch lange mit der Ökonomie von Bitcoin beschäftigen, um das richtig zu verstehen. Bitcoin ist das erste vom Menschen geschaffene System, in dem Mathematik, Informatik, Physik und Ökonomie untrennbar zusammentreffen.
Es ist wie eine Reise in den Kaninchenbau von Alice im Wunderland. Man beginnt, sehr viele Dinge zu hinterfragen und aus einer neuen Perspektive zu sehen. Die Wirtschaft zum Beispiel, sagen die meisten Mainstream- Ökonomen, braucht eine gewisse Inflation. Mit Bitcoin wäre das nicht möglich. Doch es funktioniert tatsächlich auch ohne Inflation der Geldmenge, sogar ohne Geldpolitik.
Das Bitcoin-System hat keine Schwachpunkte, kann nicht fehlgesteuert werden oder zusammenbrechen. Es ist ein erteiltes, stabiles System, das einfach rund um die Uhr funktioniert und bisher allen systemischen Angriffen und Manipulationsversuchen standhält. Bitcoin ist das sicherste Computernetzwerk der Welt, das macht es für mich als Technologen so spannend.
Wir versuchen mit speziellen Workshops erstens wirklich strukturiertes Verständnis auf Deutsch rüberzubringen und zweitens daraus praktische Lösungen für Privatpersonen, Unternehmen oder Institutionen abzuleiten. Wir bieten aktuell in Deutschland, Österreich und der Schweiz alle Leistungen für die erfolgreiche Durchführung eines Bitcoin- bzw. Blockchain-Projektes aus einer Hand: Beratung, Programmierung und Schulung.
Wenn Programmierer in Simbabwe oder dem Iran sitzen, dann ist es einfacher, sie mit Bitcoin zu bezahlen anstelle mit US-Dollar. Jeder, der Zugang zum Internet hat, kann Bitcoin als Entgelt für seine Arbeit empfangen. Bitcoin ist also nicht nur eine Spekulation, sondern kommt langsam in der realen Wirtschaftswelt an.
Zudem gab es dieses Jahr im Februar zum ersten Mal eine Bitcoin-Transaktion zwischen zwei Staaten, zwischen Argentinien und Paraguay. Viele kleinere Staaten haben mit gedrucktem Geld – dem sogenannten Fiatgeld – große Probleme. Sie kämpfen mit dem Wertverfall und Kaufkraftverlust. Sie suchen nach Alternativen. Zurück zum Gold wäre eine Möglichkeit, ist im Informationszeitalter aber verhältnismäßig kostspielig, langsam und schwer zu bewegen.
Bitcoin hingegen hat kein Gewicht und bewegt sich fast mit Lichtgeschwindigkeit über Kabel, Funk und Satellit – über große Distanzen, an jeden Ort der Welt. Wenn Bitcoin langfristig die gleichen Sicherheits- und Werterhalts-Eigenschaften wie Gold aufweist, könnte es eine Alternative sein, eine neue weltweite Standard-Reserve-Währung werden. Vielleicht dauert das aber noch 10 bis 20 Jahre.
Bitcoin definiert derzeit das Maximum an Unveränderlichkeit, das der Mensch im digitialen Raum, im Cyberspace, schaffen kann. Doch ein sicheres System kann man schneller machen, ein schnelles System hingegen später auf Sicherheit zu trimmen, ist oft nicht mehr möglich.
Die Hacks der Bitcoin-Börsen, von denen man öfters hört, sind keine systemischen Sicherheitsprobleme des Bitcoin-Netzwerks, sondern so etwas wie einzelne Banküberfälle. Viele Bitcoin-Exchanges sind aktuell eher noch Blech-Hütten oder Kiosk-Buden statt Fort-Knox-Festungen. Und da dort größere Mengen Bitcoin liegen, sind sie beliebte Angriffsziele für Hacker.
Es ging darum, möglichst schnell möglichst viele Nutzer zu bekommen. Dieser Ansatz fällt uns heute zunehmend auf die Füße, wenn wir z.B. an Facebook und Cambridge Analytica denken.
Tatsächlich wird Bitcoin nur dann eine weltweite und langfristig akzeptierte Währungs-Alternative werden, wenn das Protokoll und das Netzwerk weiterhin sicher und zensurresistent bleiben.
Für physische Gold-Deposits gibt es ja schon lange ähnliche Kreditkarten, doch finden diese kaum Verbreitung. Nach dem „Gresham’schen Gesetz“ werden die Menschen das „bessere Geld“– das seine Kaufkraft über die Zeit am besten behält – immer horten und stattdessen erstmal das „schlechtere Geld“ – das seine Kaufkraft schneller verliert – ausgeben. Der Euro – der noch nicht einmal 20 Jahre in Deutschland im Umlauf ist – hat seit seiner Einführung schon circa 30 Prozent seiner Kaufkraft verloren. Bitcoin hingegen hat in den letzten acht Jahren 270.000 Prozent an Kaufkraft gewonnen.
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Jeder, der einen Internetanschluss hat, kann dann sofort Bitcoin empfangen und anschließend wieder damit zahlen, auch ohne Kreditkarte. Bald werden wir Apps auf unseren Smartphones haben, die automatisch im Rahmen eines Budgets Preise selbstständig aushandeln und uns die Dinge kaufen, die wir benötigen. Bitcoin könnte somit eine Art Weltgeld im Internet werden.
Bitcoin befindet sich derzeit in unterschiedlichen Phasen der Geldwerdung gleichzeitig: in manchen Ländern eher als Wertspeicher und in manchen Ländern als Zahlungsmittel für internationale Geschäfte oder Bestellungen.
Dennoch, ein paar andere Coins werden übrig bleiben, als Experimentierfeld beispielsweise, aber ohne ökonomische Relevanz. Bitcoin selbst ist auch nichts „Statisches“, es können neue Eigenschaften implementiert werden. Die einzig unveränderlichen Konstanten bei Bitcoin sind die begrenzte Geldmenge von 21 Millionen perfekt teilbaren Einheiten, sowie das anonyme, dezentrale, zensurresistente Mining. Alles andere steht offen zur Debatte und kann prinzipiell jederzeit überarbeitet werden. Da ist es für andere Coins schwierig, Bitcoin einzuholen. „Überholen ohne einzuholen“, wie von Walter Ulbricht in der DDR einmal postuliert, ist gänzlich unmöglich.
Das Internet zwingt allerdings jede Branche, sich anzupassen. Das Internet bricht alte, ineffiziente Strukturen auf und schafft neue, direktere Verbindungen zwischen Menschen. Durch Bitcoin sind demnächst eben zur Abwechslung mal die Finanzbranche und die Staatswährungen an der Reihe, die bisher von der Internet-Revolution weitestgehend verschont wurden.
Das Zeitalter der staatlichen Geld-Monopole ist auf jeden Fall vorbei. Es wird Menschen geben, die Bitcoin vehement ablehnen, und andere, die den Euro meiden. Im Vergleich zu den letzten beiden Währungswechseln, die wir erlebt haben – von der Ost-Mark auf die D‑Mark und dann auf den Euro –, wird dies aber eine ungezwungene softe Währungsreform, die über viele Jahre, vielleicht Jahrzehnte abläuft.
Die Preise für Dienstleistungen und Güter werden sich in einem freien Markt automatisch auf die vorhandene Geldmenge einpendeln. Geld ist ja sowieso nur der Maßstab für die Preise der verschiedenen Güter zueinander, also zum Beispiel um auszudrücken, dass ein Smartphone etwa 2000 Mal teurer als ein Apfel ist. Der konkrete Preis, also die Zahl, für den Apfel oder das Smartphone, ist für sich allein genommen völlig bedeutungslos.
Die entscheidende Funktion von Geld ist, den Preisunterschied zwischen verschiedenen Waren und Dienstleistungen zu kommunizieren. Ein Wirtschaftssystem, in dem sich die Geldmenge allerdings ständig ändert – wie z.B. im Euro oder Dollar – führt zu Störungen im Preisgefüge und der Wirtschaft, selbst wenn diese Interventionen eigentlich gut gemeint sind. Es ist vielmehr die aktive Steuerung des Finanzsystems, die zu den sogenannten Boom- und Bust-Zyklen, Zombie-Unternehmen und Finanzkrisen wie 2008 führt.
Bitcoin ist der komplette Gegenentwurf dazu, ein System, in dem die Geldmenge einmal festgelegt und dann unveränderlich ist. Ähnlich wie beim „Metrischen System“, der Meter wurde als Maßstab für Größen und Längen vor ca. 300 Jahren einmal festgelegt und seitdem nicht mehr geändert. Es wäre sehr folgenschwer und ineffizient für alle Menschen, wenn man den Meter jedes Quartal neu definieren würde. Mit Bitcoin bekommt die Wirtschaft das, was Wissenschaftler und Ingenieure schon lange haben: ein globales Standardmaß für ihr Fachgebiet. Einen unveränderlichen Referenz für Werte und Bewertungen.
Etwa 2028 werden bereits rund 20 Millionen Bitcoin – also 95 Prozent der Maximalmenge – im Umlauf sein. Für die restliche eine Million werden dann noch 110 Jahre benötigt. Der letzte Bitcoin wird im Jahr 2105 begonnen verteilt zu werden und fast 40 Jahre lang ausgeschüttet. Es sind dann nur noch sehr kleine Beträge, Bruchteile eines Bitcoin, die täglich neu hinzukommen. Die Geldmenge wird dann faktisch nicht mehr erhöht. Das Netzwerk ist ab diesem Zeitpunkt dann ein reines Transaktionsnetzwerk. Damit bedient Bitcoin die Nachfrage vieler Menschen, die sich eine Währung ohne Inflation wünschen. Gerade in China. Dort ist der Handel mit Bitcoin sogar verboten, dennoch wird dort „auf der Straße“ gehandelt. Der Staat kann das Verbot selbst in diesem eher totalitär geführten Land nicht effektiv durchsetzen.
Für die augenscheinlich extremen Schwankungen spielen mehrere Faktoren eine Rolle. Zum einen steigt der Nutzen in einem Netzwerk mit jedem weiteren Nutzer exponentiell an. Dieses exponentielle Verhalten muss sich natürlich irgendwie im Wert widerspiegeln. Wen das im Detail interessiert, der findet auf unserer Website ein kostenloses Webinar zu diesem Aspekt.
Zum anderen gibt es bei Bitcoin alle vier Jahre eine Besonderheit, die sogenannten Halvings (Halbierungen), bei denen sich die täglich neu geschürfte Menge halbiert. Das nächste Mal passiert dies im Mai 2020, wodurch statt wie bisher 1800 Bitcoin pro Tag nur noch 900 dazukommen. Das klingt jetzt erst mal nicht so wild, aber es gibt keinen anderen freien Markt auf der Welt, in dem sich das Angebot vom einen auf den anderen Tag dauerhaft so drastisch verknappt.
In Finanzkreisen spricht man dabei vom sogenannten Stock-to- Flow-Faktor, der sich bei Bitcoin zusammen mit einem Halving alle vier Jahre verdoppelt. Also hier haben wir ebenfalls einen exponentiellen Vorgang. Die Bayrische Landesbank hat zu diesem Aspekt erst kürzlich eine umfängliche Studie veröffentlicht und Bitcoin mit Gold gegenübergestellt. Der Stock-to- Flow-Faktor von Gold wächst viel langsamer und hat Jahrtausende gebraucht, um den heutigen Faktor zu erreichen, den Bitcoin dann schon nächstes Jahr erreicht. Bitcoin durchläuft diesen Verknappungsprozess in Rekordgeschwindigkeit, und unser menschliches Gehirn ist nicht besonders gut darin, solche exponentiell ablaufenden Vorgänge zu begreifen.
Als drittes gibt es natürlich noch unvor-hersehbare, makro-ökonomische Ereignisse, die den Bitcoin Preis derzeit kurz-fristig in die eine oder andere Richtung beeinflussen können, da Bitcoin noch nicht die Liquidität und Markttiefe der ganz großen Währungen besitzt.
Als Tipp empfehle ich daher jedem, sich nicht auf den Tagespreis des Bitcoin zu konzentrieren, sondern auf einen gleitenden Mittelwert – beispielsweise den der letzten 200 Tage. Oder man betrachtet nur einfach die jeweiligen Jahres-Tiefststände. Dadurch bekommt man ein deutlich klareres Bild:
- 2012: $4
- 2013: $65
- 2014: $200
- 2015: $185
- 2016: $365
- 2017: $780
- 2018: $3200
Wir bieten kostenlose Webinare an, die den Einstieg erleichtern, sowie einen 6‑Stunden Workshop, in dem wir die Leute an die Hand nehmen und durch den Prozess begleiten. Details findet man unter: blockchain.conserve.de
Literaturtipps vom Experten Jörg Hermsdorf zum Thema Blockchain
„Bitcoingeld: Eine Geschichte über die Entdeckung von gutem Geld in Bitdorf“ von Michael Caras. Obwohl es als kurzes Kinderbuch daherkommt, ist es für die meisten Erwachsenen der beste Einstieg.
Außerdem sollte man „Der Bitcoin-Standard: Die dezentrale Alternative zum Zentralbankensystem“ von Dr. Saifedean Ammous lesen, welches seit Kurzem auch in einer deutschen Übersetzung vorliegt. Hier werden sehr starke Argumente präsentiert, warum Bitcoin die einzig realistische Alternative zum Zentralbankgeld-System ist.
Wer danach noch tiefer in den Kaninchenbau abtauchen will, dem empfehle ich „Ludwig von Mises für jedermann: Der kompromisslose Liberale (Ökonomen für Jedermann)“ von Professor Thorsten Polleit . Hier bekommt man einen guten Einstieg in die ökonomische Lehre.
Jörg Hermsdorf wurde 1979 in Dresden geboren. Er studierte Informatik an der TU Dresden, arbeitete als Programmierer, auch bei Audi und VW, ist Co-Founder einer Cloud-Services-Firma und seit 2014 Blockchain- Berater. Co-Founder der Conserve BlockChain GmbH wurde er 2018.
Jörg HermsdorfCloud- und Blockchain Experte, System Architect, Research & Co-Founder
Jörg hat Informatik und Kognitionswissenschaften an der TU Dresden studiert, mit Schwerpunkt auf Architekturen verteilter Systeme und IT-Sicherheit. Er war Unternehmensberater und Gründer eines App Start-ups. Als Mitgründer ist er der führende Ansprechpartner zu Themen rund um Blockchain-Technologie und Krypto-Währungen. Jörg untersucht seit 2010 die Bitcoin-Technologie auf Schwachstellen und Einsatzmöglichkeiten, sein fundiertes Fachwissen basiert auf jahrelanger Recherche und Interaktion mit der Bitcoin- und Blockchain Community.
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